„75 Jahre Landratsamt Fürstenfeldbruck“ : Ein Brief von Kreisrat Peter Falk an den Landrat zu dessen Veröffentlichung

01. Februar 2014

Sehr geehrter Herr Landrat Karmasin,

die von Ihnen veranlasste – zurückhaltend gesagt – sehr unhistorische Veröffentlichung „75 Jahre Landratsamt Fürstenfeldbruck – ein modernen Dienstleistungsunternehmen stellt sich vor“ hat nicht nur bei mir einen schalen Geschmack hinterlassen.

Für einen Geburtstag aufgrund politischer Entscheidung durch den nationalsozialistischen Innenminister Frick zum 1.1.1939 gibt es weniger das Erfordernis einer Fest- und Werbeveröffentlichung, sondern das Bedürfnis kritischer Reflexion. Die 1939 im gesamten Reichsgebiet eingeführte Bezeichnung als „Landratsamt“ mit einem „Landrat“ war durchaus nur einer der vielen Bausteine zur Beseitigung der letzten Reste kommunaler Selbstverantwortung. Auch gibt es durchaus differenziertere und weniger positive Rezensionen über den Landrat der NS-Zeit Dr. Sepp, als es Ihre Veröffentlichung anklingen lässt.

Hinzu tritt, dass Sie es im Vorfeld nicht für nötig erachtet haben, Kreisgremien in die Frage eines Ob und Wie einer doch sehr fraglichen Veröffentlichung einzubinden.

Und es fällt schon auf, dass Sie die Gestaltung und Zeitpunkt durchaus gefällig hin orientiert näher an den anstehenden Landratswahltermin gesetzt haben, als es historisch richtig gewesen wäre. Dies immerhin bei einer durch die öffentliche Hand organisierten und wohl auch finanzierten Werbemaßnahme.

Zur Sache des wenig ersprießlichen Jubiläums:

Die Nationalsozialisten haben bekanntermaßen bereits in Folge des „Ermächtigungsgesetzes“ mit zwei Gesetzen des Jahres 1933 die Volksvertretungen der Länder abgeschafft und durch „Gesetz über den Neuaufbau des Reichs“ vom 14.2.1934 die Souveränität der Länder völlig aufgehoben. Für die Kommunen wurde das Führerprinzip mittels der sog. „Deutschen Gemeindeordnung“ durchgesetzt. Für die Gemeindeverbände folgte die Benennung durch „3. Verordnung über den Neuaufbau des Reichs“ vom 28.11.1938 mit Wirkung zum 1.1.1939. Die restlose Entrechtung von Kreisgremien über die weitere nationalsozialistische „Verordnung über die Aufhebung von Beschlußzuständigkeiten und Anhörungsrechten von Vertretungskörperschaften und kollegialen Behörden in der Kreisinstanz“ vom 26.9.1939.

Dies gibt wenig Anlass für eine nachgelagerte Jubelschrift zum 75. Geburtstag über ein angeblich modernes Dienstleistungsunternehmen (!) Landratsamt. Für den Kreis gibt es durchaus andere Geburtstage, welche man zum Anlass öffentlich-rechtlicher Publikationen nehmen kann. Ihr gestelltes Interview selbst gleicht ja dann – wie zufällig – einer Wahlwerbeschrift zur anstehenden Landratswahl. Zudem sehen die Tatsachen anders als von Ihnen beschrieben aus: Ein Landkreis der bis heute an den Gymnasien keine gebundenen Ganztagsangebote anbieten kann ist nicht „zeitgemäß aufgestellt“ - und die Kreisfinanzen unter Ihrer Anleitung auch durchaus chaotisch vorgelegt und beraten.

Der Benennungsvorgang des Landratsamts der Jahre 1938/39 ist richtigerweise im Landkreisbuch des Jahres 1992 als Randnotiz berichtett, eine Beschreibung des Wirkens und eine Einschätzung der Person des nationalsozialistischen Landrats befinden sich im Ausstellungsbuch des Jexhof „... was Menschen fähig sind“ aus dem Jahr 2010.

Bitte legen Sie daher im anstehenden Kreisausschuss die Umstände der von Ihnen veranlassten Werbeveröffentlichung dar.

Ich hätte hier einen sensiblen Umgang mit dem Datum – aber keine öffentlich organisierte Werbebroschüre erwartet.

Peter Falk
Kreisrat (SPD)

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