Sie fügen in Ihrem Aufmacher vom 31.12.2012 zum Steinbrück-Interview in der „FAS Frankfurter allgemeine Sonntagszeitung“ beliebige Anmerkungen zu einem „Gebräu-Artikel“, der nichts weiteres macht, als opportunistisch dem aktuellen Journalie-Reflex zu folgen. Primärinformation bleibt Fehlanzeige! Einmal mehr kommt man sich als Leser, der Wert auf Information zur eigenen Meinungsbildung legt, mehr veralbert als informiert vor. Es wird subtil der Eindruck erweckt, Steinbrück verlange für sich ein höheres Gehalt, sollte er Bundeskanzler werden.
Seit Tagen ist die deutsche Presse damit beschäftigt, in einer sich laufend selbst verstärkenden Kampagne zu vermitteln, Peer Steinbrück sei ein einkommensgeiler Nimmersatt. Passt doch zu schön zur Vortragshonorar-Story???!!!
Es wird skandalisiert und personalisiert, statt Missverhältnisse in der Gesellschaft zu hinterfragen und auszuleuchten, an denen sich sehr viele delektieren.
Ohne Zweifel ist eine Gesellschaft krank, die für eine Stunde Vortrag das zahlt, wofür eine Altenpflegerin 9 Monate arbeiten muss.
Aber wer sind die und wie viele, die hier anbieten, die hier nehmen?
Es gibt Journalisten, Professoren, zahlreiche weitere Politiker, die gerne nehmen.
Und es gibt Anbieter, die gerne geben, um sich zu schmücken, die aber gleichzeitig ihre Arbeitnehmer ausquetschen, wo's geht.
Steinbrück als Gegenstand scheinheiliger und infamer Diskussionen, der bei der Gelegenheit auch gleich als Kandidat fertig gemacht werden soll??? Dies durch einen Journalismus a la „faule Schüler“: Jeder schreibt oder kupfert vom anderen ab? Keiner berichtet den Gesamtzusammenhang, oder gar den Wortlaut des Interviews mit der FAS.
Als Medienkonsument bekommt man verzerrende Meinung statt Information vorgesetzt. Plagiieren als Vorwurf gegen eine manipulative Presse wäre hier mehr als angebracht und „Medienplag“ könnte locker den „Guttenplag“ und alle seine Nachfolger ersetzen.
Wer Steinbrücks Interview im Original liest, der kann leicht erkennen, dass es ihm weder um eigene Einkommensvorstellung geht noch um den aktiven Anstoß einer Debatte. Er gibt auf eine Frage eine Antwort, sagt seine Meinung. Die ist sachlich völlig richtig.
Bestenfalls war er zu blauäugig, hat entlang einer vielleicht hinterhältigen Frage nicht erkannt, was daraus gemacht werden könnte.
Man mag der Presse raten, sich doch ihre aalglatten Wunschtypen selbst zu backen, damit sie diese ansonsten scheinheilig immer wieder beklagen kann.
Steinbrück spart leider einen eigentlich fälligen Gerechtigkeitsvergleich zu bundesdeutschen Einkommensklaffungen aus. Ansonsten liegt er völlig richtig! Diese Gesellschaft krankt z.B. neben dem Verlust der Maßstäbe bei Vortragshonoraren insbesondere auch daran, dass die Relationen zwischen oben und unten und auch die zwischen der Bezahlung in Jobs der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst nicht mehr stimmig sind.
Über Einkommen im öffentlichen Dienst lässt sich schön räsonieren, denn es sind die einzigen, die veröffentlich und damit jedermann transparent sind. Hat schon mal jemand eine Diskussion der Einkommen von Chefredakteuren, Moderatoren oder Intendanten erlebt??? Oder z.B. von Einkommen der mehr als 3tsd Siemens-Direktoren (nicht Vorstände, sondern die nachfolgenden Ebenen), die alle mehr bekommen als unsere Spitzenpolitiker??? Oder über all die anderen „Spitzenkräfte“ in anderen Organisationen oder Firmen???
Ob die alle mehr verdienen, wäre eine berechtigte Frage, bekommen tun's viele.
Eine Presse, die inhaltlich nicht, oder gefiltert, oder inhaltlich verzerrend berichtet, die über angeblich wissenschaftliche Kommentatoren Stimmung macht und Kampagnen anzettelt, ist keine verantwortungsbewusste Presse, sondern ein undemokratisch wirkendes Instrument der Meinungsmache. Eine solche Presse missbraucht Macht. Das sollten Sie bedenken, wenn Sie solche Beiträge erstellen oder so kommentieren.
Ich empfehle den Nachdenklichen unter ihnen, die sich die Mühe des Studiums der Originalquelle noch nicht machen konnten, die Lektüre des Interviewtextes von Steinbrück. Mangels entsprechender Information in Zeitungen und TV habe ich mir diese Mühe machen müssen.
Ich erkenne dort eigentlich genau das Gegenteil dessen, was Sie und viele andere Eiferer im deutschen Medienwald derzeit an Eindruck zu vermitteln versuchen.
Hier der Link zum Interview-Original Steinbrück: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/peer-steinbrueck-im-gespraech-bundeskanzler-verdient-zu-wenig-12009203.html
Kopfschüttelnde Grüße
Alfred Münch
stv. Vorsitzender des SPD-Unterbezirks FFB