Leserbrief des stv. Kreisvorsitzenden Fred Münch zum Kommentar „Das Monster zähmen“ von Marc Beise ( SZ vom 23.7.12 / Seite 4)

23. Juli 2012

Sollte ein gerne ernst genommener Journalist, noch dazu als Leiter des Wirtschaftsressorts der SZ, nicht zuvorderst die Inhalte von Politikforderungen bewerten, statt sich in Vermutungen über politische Taktik und Schuldzuweisungen zu ergehen, wenn er und seine Redaktion selbst so sehr im vergangenen Irrtum verhaftet ist wie Marc Beise?

War (und ist?) Marc Beise nicht einer der Erzprotagonisten des Neoliberalismus gewesen, bevor das Desaster am 15.September 2008 ihn wenigstens leicht neu orientiert hat? Wo nimmt Marc Beise die Dreiste her, von der Politik abzufordern, was die SZ gerade in seiner Redaktion nur sehr sporadisch erkennen lässt: Die tiefe inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Wert bänkerischen Geschehens vor 2008 und auch danach.

Wo war jemals eine Forderung nach dem Verbot von Wettgeschäften unter dem Bankmäntelchen zu lesen? Und was wären die mehrstufigen mathematisierten Ableitungen auf Ereignisse anders als Wetten? Wo Bank dransteht, ist allzu meist Wettbüro drin. Damit legt man kleine Leute zu Millionen rein und organisiert reine Umverteilungsprozesse, die keinerlei nutzbaren Mehrwert für eine Volkswirtschaft oder gar für die Bürgerschaft erzeugen. Der volkswirtschaftliche Treibstoff Geld wird von einigen wenigen angesammelt, die ihn zu Lasten der Allgemeinheit bündeln und / oder verprassen. Allgemeine Verarmung ist die Folge, dies nur auf unterschiedlichen Niveaus, wie Griechenland, viele andere und genauso die Bundesrepublik zeigen.

Folglich wäre es richtig, Banken in Geldhäuser und Wettbüros zu zerlegen und gleichzeitig den Wettbüros zu verbieten, sich Bank zu nennen. Es wäre richtig, kleinere und damit pleitefähige Strukturen zu erzwingen. Es wäre dringend nötig, das Strafrecht auf Finanzgeschäfte mit betrügerischen Wirkungen auszuweiten, auch wenn die nicht sofort zu erkennen sind. Was anderes wären in Blattgold eingewickelte Schafsmistpakete, die man als Goldbarren verkauft. Was anders als solche Pakete waren verbriefte Hypothekenpakete fauler Kreditnehmer, die anonymisiert von den USA in die ganze Welt internationalisiert wurden? Die Verkäufer wussten, was sie verhökerten, die Käufer konnten es eher nicht erkennen. Was anders als Wetten sind Ereignisse, die man nicht selbst beeinflussen kann, und die man dann Versicherungen oder Finanzanlagen oder wie auch nennt?

Wenn Gabriel dazu endlich einen Anstoß gibt, dann kommt der zwar nahezu vier Jahre zu spät, aber da noch nichts Entscheidendes in diese Richtung passiert ist, ist er dringend nötig. Dafür muss sich Gabriel nicht ausgerechnet vom neoliberalen „Ordnungspolitkom-missar Beise“ anklagen lassen!

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