Entschließungsantrag der Kreis-SPD zur Rentenpolitik

05. November 2012

Der SPD-Unterbezirk Fürstenfeldbruck hat einstimmig folgenden rentenpolitischen Antrag beschlossen. Er wurde an die Bundestagsfraktion und den Bundesvorstand weitergeleitet.

Entschließungsantrag zur Rentenpolitik
Für jeden Menschen in der Bundesrepublik Deutschland muss der Anspruch gelten, auch im Alter ein gutes Leben führen zu können. Die Rente muss in ihrer Funktion als Lebensstandardsicherung im Alter erhalten bleiben. Die Bundesrepublik Deutschland hat dabei mit der umlagefinanzierten Rente ein bewährtes und international anerkanntes System, das es zu stärken gilt. Wie auch die letzten Medienberichte gezeigt haben, ist die private Vorsorge wenig effektiv und wird gerade von denjenigen nicht in Anspruch genommen, die es am dringendsten brauchen. Private Vorsorge hilft nur den großen Versicherungsunternehmen, kann aber die solidarische gesetzliche Rente nicht ersetzen. Diese gilt es zu stärken und sozial gerecht auszubauen.
Auch in den Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck reichen die Renten nicht immer zum Leben. Schuld sind zumeist die hohen Lebenshaltungskosten und hier vor allem die hohen Mieten und zum anderen die teilweise zu niedrigen Renten. 90 % der Rentnerinnen in der Bundesrepublik Deutschland erhalten weniger als 850 Euro im Monat, bei den Männern haben knapp 60 % weniger als 1000 Euro Rentenanspruch. Immer mehr Menschen sind so von Altersarmut betroffen und von der Grundsicherung im Alter nach SGB XII abhängig. Hier gilt es gegenzusteuern:
Mit gutem Lohn für gute Arbeit. Jeder sozialversicherungspflichtige Arbeitsplatz stärkt die Rentenversicherung und sorgt für eine bessere Versorgung im Alter. Die deutsche Lohnzurückhaltung, die teilweisen Reallohnsenkungen sowie die Ausbildung von ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen verschärfen die Renteneinnahmeproblematik.
Befristungsmöglichkeiten sowie der Einsatz von Leiharbeitnehmern zu Lasten der Stammbelegschaften sind drastisch einzuschränken. Zunehmend problematisch ist der Bereich sog. Werkverträge. So entstehen im realen Arbeitsleben immer mehr Mischzonen. Insoweit besteht Regelungsbedarf für die Sozialversicherung bei zwischen „Projektarbeit“ und „Kleinstteilzeit“ tätigen Menschen; der Auftraggeber/Arbeitgeber sollte von der Verlagerung auf Selbstständigkeit keinen interessanten Vorteil mehr haben. Die Einführung flächendeckender Mindestlöhne ist unerlässlich zur Beseitigung extremer Armutslöhne, reicht aber zur Sicherung eines lebensstandarderhaltenden Rentenniveaus keineswegs aus. Die SPD sieht daher Bedarf für wieder deutliche Reallohnsteigerungen, die zudem innereuropäische Leistungsbilanzgefälle ausgleichen können. Mit einer Neuregelung des Renteneintrittsalters – weg von der „Rente 67“ Die Rente 67 bewirkt erhebliche faktische Rentensenkungen, da der von den Arbeitnehmern abverlangten längeren Beschäftigung kein entsprechendes Stellenangebot gegenüber steht und der Gesetzgeber auch keinerlei erkennbare Regelungen zur Beseitigung dieses Widerspruchs vorhat. Soweit die SPD-Bundestagsfraktion in der Vergangenheit bereits für die Aussetzung der Rente 67 eintrat, war dies ein erster richtiger Schritt und eine Anerkennung der gesellschaftlichen Realität, die Einführung der Rente mit 67 auszusetzen, so lange nicht über 50 % der 60 bis 65-jährigen einer vollen Erwerbstätigkeit nachgehen. Die Rente mit 67 führt zudem zur Belastung jüngerer Beschäftigtengenerationen (z.B. Beförderungsstau). Grundsätzlich hat sich die 1916 eingeführte Rente 65 sich als Standard bewährt, der fast in allen Industrieländern gilt. Die Rente mit 65 ist auch finanzierbar, wie das rentenpolitische Konzept des Deutschen Gewerkschaftsbundes eindrucksvoll belegt. Wenige Industriestaaten haben sogar ein deutlich niedrigeres Renteneintrittsalter. Um das europäische Gleichgewicht zu wahren wäre eine gemeinsame europäische Regelung des Renteneintrittsalters mit einer abschlagsfreien Rente 63/64 wünschenswert. In diese Richtung gilt es, das Renteneintrittsalter flexibel und gegebenenfalls kombiniert mit einer Mindestanzahl an Versicherungsjahren zu gestalten, um so Rentenkürzungen zu verhindern. Eine Versicherungsdauer von tatsächlich 38 bis 40 Jahren als Eintrittsgrenze für den abschlagsfreien Renteneintritt würde dem Umstand Rechnung tragen, dass immer mehr junge Menschen aufgrund ihrer Ausbildungssituation erst mit 24 bis 28 Jahren in eine versicherungspflichtige Beschäftigung eintreten können und daher keine Chance mehr haben, die bisher geplanten 45 Beitragsjahre überhaupt zu erreichen. Zudem sind heute kontinuierliche Erwerbsbiographien in Vollzeitarbeit eher die Seltenheit und wurden in den letzten Jahren durch geringfügige Beschäftigung oder schlecht bezahlte Praktika ersetzt. Mit einer modifizierten Eintrittsgrenze würden letztlich auch Berufslaufbahnen Rechnung getragen, die zu erheblichem Verschleiß führen und den Betroffenen und keinerlei Chancen auf 45 Versicherungsjahre lassen. Mit dem Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge bei Abschaffung der bisherigen Riestermodelle. Letztere sind erheblich steuersubventioniert. Letztendlich sind sie bereits gescheitert und haben zu erheblichen Einnahmeausfällen öffentlicher Kassen bei völlig ungenügenden Renditen geführt. Mit einem armutssicherem Rentenniveau. 43 % reichen hier nicht aus. Ausgehend vom Grundsatz der Lebensstandartsicherung, nicht einer bloßen Existenzsicherung, ist ein bisheriges Niveau bei 51% unerlässlich. Mit einer Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze. So tragen höhere Einkommen einen solidarischen Anteil an der Finanzierung der Rente. Darüber hinaus ist die Vollparität der Beiträge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wiederherzustellen. Eine Staats- oder Zwischensubvention von Arbeitgeberbeiträgen nach Lebensaltern kann es im bewährten erhaltenswerten System nicht geben. Rente ist Lebenslohn für Entgeltarbeit. Sie ist im Rahmen der Eigentumsgarantie verfassungsrechtlich abgesichert. Weitere „versicherungsfremde“ Leistungen sind über den Bundeszuschuss aus Steuermitteln zu finanzieren. Hierbei wird es auf ein effizientes und gerechtes Steuersystem einschließlich der Substanzbesteuerung großer Vermögen und Erbschaften und Schenkungen ankommen. Abgeltungssteuern – etwa auf Kapitalerträge - sind weder gerecht, noch effizient oder zeitgemäß. Die Anwendung der geltenden Revisionsklausel gem. § 154 Abs. 4 SGB VI wonach in festen Abständen zu prüfen und eine Einschätzung darüber abzugeben ist, ob die Anhebung der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung der Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer weiterhin vertretbar erscheint und die getroffenen gesetzlichen Regelungen bestehen bleiben können, verpflichtet die Politik bereits jetzt, den von ihr verursachten Widerspruch abzuschaffen oder zu regeln, nach dem ältere Arbeitnehmer bis zu 67 Jahren arbeiten sollen, aber nachweislich die erforderliche Anzahl an Stellenangeboten nicht bereit gestellt werden und weder die Wirtschaft noch die öffentlichen Arbeitgeber verpflichtet sind, diese bereit zu stellen. Da dieser Widerspruch unaufgelöst und die Erwerbsbeteiligung der über 60jährigen zu niedrig ist, sind die Voraussetzungen der Aussetzung der „Rente 67“ bereits nach geltendem Recht vorhanden. Soweit ist und bleibt die „Rente 67“ eine flächendeckende Rentenkürzungspolitik (Sigmar Gabriel)

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