SPD im Landkreis FFB beschließt ein umfassendes Konzept für eine „Verantwortliche Energie- und Klimaschutzpolitik der Zukunft“

22. März 2012

In einer Organisation, die demokratisch aufgebaut ist und ihre Willensbildung nicht von oben nach unten vornehmen kann, braucht eine Willensbildung zu wichtigen Fragen mindestens einige Wochen. Gemessen daran ist die SPD im Landkreis FFB sowie in Oberbayern nach den Ereignissen von Japan sehr schnell zu einer gemeinsamen und jeweils einstimmig verabschiedeten Entschließung zur „Verantwortlichen Energie- und Klimaschutzpolitik der Zukunft“ gekommen.

Ein entsprechender Antrag (siehe Anlage) wurde an den vergangenen Wochenenden jeweils ein¬stimmig im Kreisverband der SPD FFB in Emmering und auf dem Bezirksparteitag der SPD Oberbayern in Mühldorf verab¬schie¬det. Er wird im Juni dem SPD-Landesparteitag Bayern in Germering vorgelegt.

Zusammenfassend fordert der SPD-Beschluss zwar auch den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomtechnologie, aber sieht in einer Energie- und Klimaschutzpolitik der Zukunft mehr als nur den. Er stellt ein in sich weitgehend geschlossenes Gesamtkonzept für eine klimaschonende Energiepolitik der Zukunft dar. In der wird der Ausstieg aus der Atomwirtschaft gekoppelt mit einem Bündel von Alternativmaßnahmen. Dem Konzept liegt die These zu Grunde, dass der Ausstieg funktionieren muss, andernfalls sonst eine Gegenbewegung erstarkt würde, die die Atomkraftgegner wieder für Jahrzehnte zurückwerfen könnte. Die SPD strebt daher einen Komplettumbau des Energiekonzeptes an, dies sowohl volkswirtschaftlich wie technisch. Ein Ausstieg aus der Kernenergie müsse die nicht begrenzbare Gefahr von deren Risiken lösen. Ein Umbau der Energiewirtschaft - hin zu dezentralen und regenerativen Strukturen - müsse die Ziele des Klimaschutzes zur CO2-armen Energieproduktion erreichen. Die Kommunen und ihre Stadt- / Gemeindewerke seien hier die besten Sachwalter einer umwelt-freundlichen, dezentralen, bürgernahen und wirtschaftlich sowie ökologisch verträglichen Energiewirt-schaft. Ihre Stadt- und Gemeindewerke seien nah an den Menschen und in der Lage, kleinteilige Strompro¬duk¬tion und –verteilung zu organisieren.

Die SPD fordert eine klare Rangfolge von Umbaumaßnahmen, die die Politik auf den Weg bringen muss: 1. umfassende Energieeinsparungen an allen Fronten des Energieverbrauchs (dazu werden Förderungen, Gebote und Verbote benötigt) 2. die weitgehende Abkehr von einer Stromproduktion auf fossiler Brennstoffbasis, die durch ange-wandte Sonnenenergie in natur- und landschaftsverträglicher Einsatzform ersetzt werden soll (keine gigantischen Großanlagen; Einsatz von Wasserkraft, Photovolatik, (Mini-)Windenergie, Biomasse usw.) 3. für die fossile Stromproduktion den Umstieg auf KWK Kraft-Wärme-Kopplungen, denn die erhöht den Wirkungsgrad der Energieausbeute drastisch 4. für die Wärmegewinnung neben der KWK den Ausbau der Geothermie, wo diese möglich ist, sowie Wärmepumpentechnologie (möglichst auf Basis regenerativen Stroms)

Die These, dass der Einsatz von Regenerativenergie erst mit dem Ausbau der Netze möglich wäre, teilt die SPD auf Rat ihres langjährig in der Branche erfahrenen Experten Alfred Münch ausdrücklich nicht. Wer dezentralisiere, statt weiter in zentrale großtechnische Strukturen zu gehen, der benötige mit der Abschaltung der Atomkraftwerke erst mal keine generellen Netzausbauten. Vorhandene Transportkapazität werde frei und reiche, punktuelle Maßnahmen sprächen nicht gegen diese Einschätzung. Desertec oder vergleichbare Gigantomanie-Konzepte wie z.B. Großwindparks oder Riesen-PV-Anlagen förderten lediglich wieder die Interessen der großen Erzeuger und damit Großindustriestrukturen. Sie seien weder volkswirtschaftlich noch aus den Gesichtspunkten der Energiesicherheit oder der Ökologie sinnvoll. Regenerativer Strom für Nordafrika solle auch Nordafrika zugute kommen. In Mitteleuropa lasse sich ausweislich einer neuen Studie des Fraunhofer-Instituts alleine auf Onshore-Windbasis mehr als 50% des heute benötigten Stroms produzieren. Zu einer verantwortlichen Struktur regenerativer Stromproduktion gehöre auch Landschaftsverträglich-keit. Bürger wehrten sich zu Recht gegen Irrsinnsprojekte wie z.B. 180 ha PV-Anlagen.

Der Energieausstieg und der Umstieg auf dieses Zukunftskonzept fordert die Kommunalpolitik heraus, so die SPD. Kommunale Energieunternehmen könnten dezentrale Arbeiten erbringen, die Großen dagegen könnten nur Großlösungen und wollten daher auch nur zentrale und große Lösungen ein-setzen. Wenn Großunternehmen auf Regenerativ umbauten, dann komme da nicht das PV-Dach auf dem Haus heraus, sondern Desertec; nicht das Windrad auf dem Hügel am Ort, sondern Windparks auf See und dicke Leitungen quer durch die Republik. Sowas jedoch brauche man in einem konsequent dezentralen System nicht.

Der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kernenergie ist bei einem solchen Strukturwandel fast selbstverständlich für die SPD. Die dauerhafte Abschaltung der 8 stillgelegten Meiler und die Rück-kehr zum von Schwarz-Gelb gekippten Ausstiegsbeschluss sei kein verantwortbaresZiel mehr, sondern nur eine absolute Minimallösung. Was gegen die Argumente der Interessenvertreter für jede Restlaufzeit von Atommeilern auf jeden Fall zusätzlich gebraucht werde, sei eine marktwirtschaftlich faire Behandlung der Energieartenkosten sowie eine klare Ausgrenzung subventionierten Atomstroms aus dem Ausland. Dazu fordert die SPD eine Versicherungspflicht für alle denkbaren Folgeschäden jeder künftigen Atom¬strompro¬duktion im Inland für evtl. Restlaufzeiten. Ein Verbot des Imports bzw. des Verkaufs von nicht entsprechend versichertem Atomstrom und die Zurechnung aller Entsorgungskosten auf das Produkt Atomstrom ergänzen diese marktwirtschaftlichen Instrumente. Die SPD ist sich sicher: Spätestens damit werde jedermann transparent, wie die wirklichen Kosten der verschiedenen Produktionsformen von Strom verteilt seien. Mit dem Beginn der Atomstromproduktion sei bisher dem Steuerzahler und künftigen Generationen alles Risiko aufgehalst worden. Diese Sün¬den der vergangenen Jahrzehnten seien aus einer Fehleinschätzung der Risiken entstanden, die sich nach den Erfahrungen von Tschernobyl – auf tragische Weise bestätigt durch die Ereignisse in Japan – als ein wirklicher Betrug an kommenden Generationen herausstellten. Das müsse gerade die dafür verantwortliche Generation der politischen Entscheider jenseits aller Par-tei¬grenzen selbstkritisch akzeptieren, die in dieser Zeit die Weichen für die Fehlentwicklungen gestellt habe.

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